2007 - Madrid, Lapsteels etc.
2007 - Madrid
Die absolut faszinierende Hauptstadt Spaniens. Madrid hat an Wasser zwar nur einen kleinen Fluss zu bieten, aber sonst gibt es da alles: die wichtigsten Museen, altehrwürdige Architektur, romantische kleine Gassen, Unmengen Bars und Restaurants, Live-Clubs, unglaublich versierte Musiker (die Gitarre ist Tradition in Spanien), diverse Übungsraum-Zentren, wo man für wenig Geld stundenweise einen voll ausgestatteten Raum mieten kann (Amps meist von Hughes & Kettner). Dazu jede Menge super professionelle Aufnahmestudios und sogar international tätige Filmproduktionsfirmen (u.a auch Doktor Schiwago oder Filme mit Ava Gardner, Orson Wells). So ganz nebenbei leben hier leben auch meine Lieblingsregisseure Alex de la Iglesia und Almodóvar. Man achte auch auf den jüngst internationalen Erfolg der Serie „Haus des Geldes“ (La Casa de Papel)! Die Spanier haben es trotz allerlei Dingen, die uns womöglich „Spanisch vorkommen“, einfach tierisch drauf. Sie können blitzschnell organisieren und finden ruckzuck Lösungen von Problemen. Dazu sind sie – von den meisten Politikern und Arbeitgebern abgesehen – die nettesten Leute, die ich kenne.
Viele Deutsche kennen ja bestenfalls Barcelona, denn da fährt man eben hin, weil die Stadt direkt am Meer liegt und wegen der Sagrada Familia. Aber dummes Zeug! Außerdem nerven die Katalanen mit ihren blödsinnigen Unabhängigkeitsbestrebungen. Dabei sei erwähnt, dass der rechte Flügel eine Mafia-artige Organisation darstellt. Ihr Ober-Boss, Jordi Pujols, pflegte unglaubliche Geldbeträge per Militärhubschrauber nach Andorra zu schaffen.
Meeresfrüchte, Fisch & mehr ...
Nach Tokyo hat Madrid den größten Fischmarkt der Welt. Das mutet seltsam an, da sich Madrid direkt im Landesinneren befindet. Aber es ist so: Ein - erheblicher Prozentsatz des spanischen Fischfangs landet hier erstmal gut gekühlt und wird dann übers ganze Land verteilt. Deshalb kann man in Madrid einfach fantastisch alles einkaufen, was da Meer zu bieten hat. (Was man auch in den Restaurants zu schätzen weiß …)
Nun aber zurück ans Werk und ab nach L.A.!
Januar: NAMM & Mike Campbell im Fullerton Ballroom
Also, von Madrid nach Hannover dauert es dreieinhalb Stunden, inklusive umsteigen in München (es gibt keine Direktflüge nach Hannover!), etwas Messevorbereitung und mit Ingo und Martin ab in den Flieger weiter nach Los Angeles.
Alamo Inn, Messe und der Stand: alles beim Alten. Unsere Distributoren schauten täglich vorbei, und einige nette Musiker gaben sich die Ehre. So z.B. Buddy Miller (von Martin extrem verehrt), John Shanks (Produzent von Bon Jovi, Van Halen etc.), Carl Carlton (diesmal samt Sohn Max Buskoll), Keb Mo und viele mehr.
Ballroom
Der Hammer dann am Samstagabend: Nathan hatte in Fullerton, unweit von seinem Geschäftslokal einen echten, alten Ballroom gemietet. Direkt an der Hauptstraße im ersten Stock Tanzsaal mit Holzfußboden im ersten Stock, riesig und mit altehrwürdigem Holzfußboden. In einem Nebenraum gab es eine Vernissage einer in Hollywood ansässigen Galerie: hochpreisige, limitierte und signierte Drucke von Gemälden Ron Woods und dessen Busenfreund Sebastian Krüger.
Das Vorprogramm bestritt ein gewisser, wohlbeleibter Bubba, Flying-V-Fan und begeistert von unserer Rocket. Und Dieter durfte auch ein paar Doors-Songs zum Besten gebenUnd dann:
Mike Campbell & The Dirty Knobs
Die “Dirty Knobs” sind so etwas wie Mikes Hobby-Band. Alles hochkarätige Musiker, mit denen er seinen Spaß hat, wenn er selbst singen darf und nicht mit Tom Petty spielt. Alle gehen ansonsten anderen Beschäftigungen nach, z.B. Jason, der Gitarrist, ist Mitinhaber eines Familienunternehmens, welches Mineralwasser produziert und vertreibt. Der spielte zum Spaß mit Mike. So finden sie sich zusammen, die Reichen! Dazu kamen noch Peter Strout (Gitarrist bei Shery Crow und Fan unseres Multi-Benders) und Brian Ray (Paul McCartney Band), der ja wie schon erzählt seit langen Jahren Duesenbergs sein Eigen nannte
Und Mike ist halt ein unglaublicher Gitarrero, graue Eminenz, technisch äußerst versiert. Man spielt Stücke aus dem Tom-Petty-Repertoire und sonstige Covers. Und, jawoll, er hatte „unsere“ blau-weiße Starplayer und die „Aligator-12-String“ im Einsatz! Als „special guest“ kam auch noch Peter Strout (Sheryl Crow) auf die Bühne – mit unserem Multi-Bender. Sowas kann einen stolz machen.
Sodann: Messe abgebaut und Mittwoch zurück gen Europa. Ich bin in München gleich in den Flieger nach Madrid umgestiegen – back to Spain – auf zu neuen Entwicklungen. Derzeit bei meiner Französin hatte ich nur einen großen Tisch, ihre vorhandene Maschinerie und einen Lötkolben. Aber ich habe mich gleich ans Werk gemacht.
Patent-Sattel
Gute Gelegenheit, einen neuen Gitarrensattel zu überdenken!
Einen Sattel perfekt zu formen, zu kerben und zu feilen ist eine erhebliche Arbeit im Gitarrenbau. Die Saiten sollen ja so nah wie möglich über den ersten Bund laufen, ohne ihn zu berühren. Ein Nullbund ist dazu – wie schon vorher erwähnt – absolut untauglich, zumal dieser auch einen weiteren Reibungspunkt darstellt, was bei Tremolobetätigung gern zu Verstimmungen führt. Idee: der Sattel müsste nicht hinter dem Griffbrett montiert sein, sondern oben drauf. So etwas konnte man bei GraphTech aus deren hochwertigen Kunststoff gießen lassen. Der Sattel ganz flach, mit sechs Kerben optimaler Tiefe und unterwärts zwei kleine Pins, die zur Fixierung in den Fender-artigen Griffbrettschlitz fassen. Der Sattel muss natürlich diesen Schlitz überlappen, sodass ich an der Vorderkante vor den Kerben sechs winzige Ausnehmungen vorsah, die praktisch bündig zur Schlitz-Vorderseite enden – somit ist die Bundreinheit an dieser Stelle perfekt!
Also haben wir GraphTech kontaktet, ob die uns das anfertigen können. „No problem!“, war die Antwort. Dabei muss man bedenken, dass das ist ein äußerst filigranes und teures Projekt ist, weil alles auf den hundertstel Millimeter stimmen muss Die Sattelform wird in einen zweiteiligen Stahlblock erodiert, in den dann der flüssige Kunststoff unter hohem Druck eingepresst wird.
Doch es gab ein Problem: Die Maße stimmten nicht. Die Form musste mehrfach überarbeitet werden. Endlich, nach Monaten war das Ergebnis akzeptabel und wir erhielten eine Riesenmenge Sättel … deren Farbe allerdings einfach zu grünlich war.
Reklamiert; es kamen neue in etwas cremigerer Farbe. Im Prinzip funktionierte alles, aber unsere Gitarrenbauer konnten sich damit optisch einfach nicht anfreunden. Dabei wollte ich den Jungs eine Menge Arbeit ersparen. Ich benutze die Dinger weiterhin bei meinen Prototyp-Gitarren etc., denn ich bin einfach zu faul dazu, einen rohen Sattel perfekt zu kerben.
Messe Frankfurt
Zwischendurch wieder diese Nerverei. Aber immerhin hatten wir per Zufall einen neuen Standplatz mit äußerst großzügigem Freiraum davor. Ansonsten: das Übliche ...
D-Caster & Sweller
Ich besaß sowohl eine alte, rote Framus- als auch eine Hoefner-Solidbody, auf deren Chrom-Schlagbrettern jeweils ein „Violin-Sound“- oder nennen wir es „Schwell-Poti“ beheimatet war. Man kann diesen Violin-Anschwell-Effekt ja mit einer Stratocaster gut einsetzen, indem man während des Anschlagens den kleinen Finger um das zugedrehte Volume-Poti legt, und dann den Ton kommen lässt. Das Framus-Poti wirkte für meinen Geschmack genau falsch herum, aber ich fand die Idee der dort integrierten Rückholfeder, die beim Loslassen, das Poti wieder in Vollausschlag bringt, ganz faszinierend. Dazu war aber auch der Regelweg viel zu lang – letztlich alles untauglich!
Aber unser Push-Poti war die Lösung: Schalter AN = Volume AUS! Blieb aber immer noch das Problem des Regelwegs. Also habe ich bei unserem japanischen Lieferanten, von dem wir schon immer diese hervorragenden Potis, die denen der Amis an Zuverlässigkeit und Gangweise weit überlegen sind, angefragt, ob der uns ein Poti mit 70° Regelweg anfertigen könnte. Jawoll! Bestellt >> göldo „Speed-Pots“!
Die Pickguards habe ich selbst gefräst - bestens beim Chandler gelernt!
Little Toaster
Mini-Humbucker: Eine Adaption an das Gretsch-Design, aber viel kleiner, praktisch die Abmessungen eines Hoefner-Pickups. Die klingen schön offen mit geringer Kompression und sehen doch echt schick aus. Das war eine nicht unerhebliche Investition für Stanz- und Ziehwerkzeuge. Bodenblech, Pickupkappe, Spulenkörper etc.
D-Caster
Der Misserfolg der V-Caster hat mich zwar enttäuscht, aber ich gab nicht auf. Eine „D-Caster“ (Dieter-Caster) musste her. Machen wir mal ein Doppel-Cutaway-Design mit nicht zu dickem Korpus. Und diesmal alle Pickups in Gehäusen konventioneller Größe! Und natürlich DIE Gelegenheit, meinen “Schweller“ zum Einsatz zu bringen. Da gab es einige Entwicklungsphasen, die man auch als "die Wanderschaft der Schiebeschalter" bezeichnen könnte.
Und das, weil es sich anbot, den Schweller ein- bzw. abschaltbar zu machen, weil die Rückholfeder ja bewirken soll, dass sich bei Aktivierung das Poti in Ruhestellung auf Null befindet. Zieht man den kleinen Hebel nach oben, so schwillt das Volumen an. Also her mit einem kleinen Schiebeschalter! Dann kam ich auf die Idee, dass das 70°-Speed-Poti ja für einen leichten Wah-Wah-Effekt auch als Tonregler wirken könnte. Also noch einen Schiebeschalter für diese Funktion! Oben noch eine Version ohne Schiebeschalter!
Hier sehen wir eine der beiden letzten Versionen, die so in Serie gingen. Das Blattfeder-Tremolo rechts mit der schicken Abdeckung haben wir so nicht eingesetzt.
Martin Huch's Lap-Land
Den Multi-Bender hatten wir. Und wir hatten Martin. Der Schlaufuchs regte an, endlich eine Lap-Steel-Gitarre mit dieser Technik zu entwickeln. Ich, immer auf Hin- und Rückflügen zwischen Madrid und Hannover, nahm das begeistert auf und wir setzten uns zusammen. Martin hatte schon ein schlüssiges Gesamt-Design vorbereitet.
Der Kapo
Dazu kam Martin mit seiner bereits 15 Jahre alten, bis dahin nicht realisierten Idee: nämlich dass es doch geradezu revoluzionär wäre, auf dem Griffbrett einer Lapsteel für verschiedene Stimmungen einen verschiebbaren Kapodaster zu haben. Martin Huch, ein Besessenr, und es gibt nichts, was man nicht in die Tat umsetzen kann! Aber eine Lap-Steel hat diesen klobigen Hals, und da etwas wie einen herkömmlichen Kapo drum zu „wickeln“, wäre nicht der Weisheit letzter Schluss. Also erstmal eine Nut ins „Griffbrett“ gefräst, zwei Alu-Schienen beidseitig mit Schrauben befestigt, und einen Kapo konstruiert, der in dieser Nut verschieb- und mit einem sog. Nutenstein feststellbar war. Das alles stellte sich als ziemlich unsolide heraus, sodass wir uns einige Zeit später ein massives Aluprofil haben „ziehen“ lassen. Mindestmenge für dieses Material: eine halbe Tonne = ca. 840 Stück! Unten in der Nut mussten außerdem Befestigungslöcher gebohrt werde. Und alle Griffbretter mussten auch noch schwarz eloxiert werden, sodass man dann Griffbrett-„Einlagen“ per Laser in die schwarze Oberfläche gravieren konnte – zusätzliche, erhebliche Kosten. Wir haben das trotzdem bestellt mit dem ängstlichen Hintergedanken, das niemals im Leben aufbrauchen zu können. Aber es in den folgenden Jahren hat sich ja das Gegenteil bewahrheitet. Und es sollten noch einige Monate des kommenden Jahres verstreichen, bis es geliefert wurde …