2022-Lanzarote, La Graciosa & La Gomera nach Corona
Gitarren, gut jetzt damit! Zweieinhalb Jahre keine Urlaubsreise mehr! Wir müssen weg!
Transmediterranea
Die Idee mutete ja ganz romantisch an, sogar ein bisschen abenteuerlich: Mit dem Schiff von Cádiz nach Lanzarote. Aber erst nach mehr als einer Stunde unnötigen und unverständlichen Wartens auf den „Shuttle", welcher uns die 100 Meter vom Boarding Office über eine Art Rampe oberhalb der drei Auto-Decks steil auf in den 5. Stock des Schiffs chauffieren sollte, gelangten wir schließlich zusammen mit zwei LKW-Fahrern und drei Hippiemädchen samt ihrer drei Hunde und in zwei Kästen untergebrachten Falken ins Innere an die Rezeption dieses riesigen Metallungetüms. Man gab uns zwei Chipkarten zum Öffnen unserer Suite, Gutscheine für Abendessen, Frühstück und Mittagessen am nächsten Tag und eine Fernbedienung für den Fernseher. Immerhin: zwei große Fenster mit Meerblick, korrektes Doppelbett, Plastikzellen-Bad mit Dusche, drei Tüten verschiedene Kartoffelchips, Schokoriegel, Weintrauben und eine Apfelsine, zu deren Innerem mit dem doppelt zur Verfügung gestellten Besteck aus HOLZ kein Zugang möglich war. Und zwei dubiose Rubbelkarten für den WLAN-Code.
Letztlich ist das eben nur ein riesiges Schiff voller Autos, Wohnwagen, Lastern und Containern. Kein Telefonnetz, und das WLAN funktionierte schon gar nicht – wozu auch, wenn eh nichts zu empfangen ist? Dazu erbärmlichstes Kantinenessen, einziges Bier an Bord: Heineken (pfui Deibel!), Livemusik sowieso nicht. Und rundum das weite Meer, keine Küste in Sicht, nur Wellen, Wolken und vom afrikanischen Calima-Staub verwischter Horizont.
Dazu wurden im Wetterbericht einige Tage Regen angesagt und per Lautsprecherdurchsage bereitete man uns auf eine um anderthalb Stunden verspätete Ankunft vor (wegen Überladung des Schiffes mit haufenweise superschweren Containern). Wir hätten doch besser den Flieger von Jerez oder Sevilla aus nach Lanzarote nehmen sollen!
Immerhin nette Gespräche mit einem der Lastwagenfahrer, der wegen der Verspätung die Anschlussfähre nach Fuerteventura nicht bekommen würde. Wow, dann aber endlich angelegt auf der Insel: Sofort kam der Shuttle-Bus hinauf in die 5. Etage gejagt, welcher uns hinab zum nächsten Taxi beförderte. Der Taxifahrer krächzte ein praktisch nicht zu verstehendes Spanisch und brachte uns zum Terminal 2, wo am Stand der Autovermietung vermerkt war „Wir sind am Terminal 1". Ok, 150 Meter Fußmarsch. Der Mietwagen war schnell verfügbar, VW, alle Kontroll-Elemente an gewohnten Plätzen, auf geht's! Das GPS unseres Handys wollte zuerst nicht so recht. Aber alsbald hatte sich die Ortung eingeklinkt. Dann jede Menge dieser völlig unnützen Kreisverkehre, die ja anscheinend den Wohlstand der Örtlichkeiten preisen sollen, mit irritierenden GPS-Ausfahrtsangaben. Aber letzlich näherten wir uns unserem lang vorher gebuchten Domizil.
Die Vermieterin, Italienerin aus Bologna, sehr amable, wies uns perfekt ein. Das WIFI funktionierte sofort und schnell. Und alsbald - nach dem Öffnen zweier Cruzcampo-Bierdosen (kein Mahou auf Lanzarote!) - konnten wir uns in das Hinspiel der Champions-League Atletico Madrid - Manchester United einklinken. Auch galt es kurz darauf, einen Malvasia-Weißwein und eine Flasche Ribera del Duero zu entkorken. Leider haben die blöden Engländer kurz vor Schluss noch den Ausgleich erzielt, und das darselbst in Madrid, Scheiße! Als Atleti-Fan muss man Kummer gewohnt sein!
Danach aber hinaus auf die Terrasse, welch unglaubliche Ruhe! Morgen bei Tageslicht sehen wir weiter!
Auf Urlaubsreisen in unbekanntem Terrain gilt es generell, sich auf die Suche nach den besseren Plätzen zu machen, aber auf Lanzarote ganz besonders! Wollte man richtig bösartig beginnen, so könnte man schon mal folgendes konstituieren: Lanzarote besitzt an die 110 erloschene Vulkane und alle Areale zwischen diesen Kegeln bilden ein riesiges Trümmerfeld aus Lavabrocken verschiedenster Größe, die die Schlote vor Millionen Jahren und erneut im 17ten und 18ten Jahrhundert aufs platte Land hinausgespuckt haben.
Zu allen, wie auch immer, mit dem Auto erreichbaren Plätzen führen perfekt asphaltierte Landstraßen, die anmuten, wie dunkelgraue Bänder, wie mit einer Rolle auf den Untergrund aufgetragen, danach perfekt mit Seiten- und Mittelstreifen markiert. Auf beiden Seiten der Straßen eben diese Trümmerfelder. Man möchte sich fragen, wieviel begehbares Gebiet es überhaupt auf dieser Insel gibt. Viel kann es nicht sein! Teile dieser Trümmerfelder hat man geebnet, überzementiert und bebaut oder großflächig mit Weinreben bepflanzt Und wie immer, insbesondere im Süden (Playa Blanca), errichtete man Urbanisationen riesigen Ausmaßes, tausende kleine, immerhin niedrige weiße Schachteln und Chalets für all die Ausländer, die sich hier einen Ferienwohnsitz geleistet haben.
Bloß schnell wieder weg von da und zurück auf die dunkelgrauen Landstraßen! Von da sieht man Farben von ocker über braun bis schwarz, und weiß getünchte Häuser mit grünen Fensterläden. Alles andere pflanzliche grün wie Kakteen; Palmen und Agaven scheinen eher wie eingenebelt in ockerfarbenem Staub.
An einem der unzähligen Kreisverkehre „falsch" abgebogen, gerieten wir dummerweise in den Yachthafen Calero. Schöne Frauen sind selten auf dieser Insel. Dafür reiche, kurzbehoste englische Greise und immer noch tätowierte deutsche Endzwanziger, wobei doch die Tattoo-Entfernung das neue Sensationsgeschäft zu sein scheint. Schon hier war erahnbar, dass es viel Raum für ketzerische Lästereien meinerseits geben würde. Ein guter Refrain für einen Song wäre auch: Wär ich doch ein Fußballstar und hätte den ganzen Körper voll Tattoos!
Playa Quemada
Also wieder hinaus auf die Straße für eine weitere Erkundungstour! Intuition! „Playa Quemada" (ver- oder gebrannter Strand) klang irgendwie verheißungsvoll. Und ja, wir erreichten ein halbwegs authentisch anmutendes Dörfchen am Gestade. Keine Schachtelhäuschen, einige Restaurants mit direktem Meerblick. Wir traten ein in den „Pescador", bestellten eine große Flasche Wasser, eine Flasche Malvasia-Weißwein „Bermejo", Avocado mit Gambas und Papas Arugadas, diese typisch kanarischen, ungepellt in hochsalzigem Wasser gekochten Kartoffeln. Das war alles super und der Bermejo für € 18,90 eine Sensation. „Die Quemada isses!", sprach ich zu mir in rheinischem Dialekt. Und diese Patatas sollte man sich mal nach Cádiz oder Madrid bestellen, per Internet oder wie auch immer! Außerdem gibt es hier „Lapas", runde Muscheln mit zackigem Rand, die leider im Vergleich zu Miesmuscheln einen eher „billigen", etwas muffigen Geschmack bieten. Ein ähnlicher Vergleich wäre etwa „Ostiones" (Austern) aus der Gegend von Cádiz zu galizischen Austern, den besten der Welt.
Malvasía vino blanco:
Immerhin haben die Insulaner einige der vielen, sonst nicht nutzbaren Geröllhalden zum Weinanbau umfunktioniert. Die Rebstöcke befinden sich in Mulden aus schwarzem Sand, die als Schutz vor dem bisweilen heftigen Wind etwa anderthalb Meter hoch, meist drittelkreisförmig ummauert sind. Von oben gesehen ein merkwürdiges Muster wie lauter durchgeteilte "S"-Buchstaben. Ansonsten weiß man ja, dass Vulkanerde die beste Grundlage für einen guten Wein bietet. Und dieser weiße Malvasía ist wirklich hervorragend, wenn auch nicht gerade billig.
„Nachbarn"
Sodala, später Nachmittag, erstmal wieder „zuhause" in unserem „Lanzaret". Gegen halb acht ein Handy-Anruf von meinem Freund Kieni, „wie es denn so wäre auf dieser Insel?" Ich, zwecks besseren Verstehens, hinaus in unseren schönen, schwarzsteinernen Garten vor der Tür, um meine Eindrücke wiederzugeben. Im 1. Stock, also über uns, residierte ein älteres deutsches Paar, welches ich bereits zweimal freundlichst mit „Guten Abend" begrüßt hatte - ohne Resonanz. Nach zehn Minuten meines Gequassels am Telefon trat der ebenfalls weißhaarige Obermieter auf seine Terrasse mit den Worten: „Könnten Sie bitte Ihre Gesprächslautstärke etwas herunterfahren. Das ist sehr unangenehm für uns hier oben." Eigentlich hätte ich ihm direkt antworten sollen: „Sie sind ein dummes, ignorantes deutsches Arschloch. Wir sind hier in Spanien. Also lassen Sie mich in Ruhe!" oder etwas dergleichen. Ich wollte aber mein Telefonat nicht unterbrechen und ging so wieder hinein in, um das Gespräch fortzusetzen.
Am nächsten Vormittag erspähte ich oben den deutschen Herrn am Frühstückstisch sitzend. Anstatt meiner vorabendlichen Beleidigungsidee rief ich wieder superfreundlich hinauf: „Hallo, Sie da oben, guten Morgen. Das tut mir leid wegen gestern Abend. Diese Telefoniererei ist ja doch schon zu einer gewissen Unsitte geworden. Aber", fuhr ich fort, „hätten Sie vielleicht eine Ahnung, wo man hier ein bisschen Kokain kaufen kann?"
Ha, ha, das wird ihm zu denken geben! „Drogenabhängige im Apartment direkt unter uns!" So schockt man Giris (wie die Spanier ausländische Touristen nennen). Natürlich keine Antwort von der Terrasse! Wir stiegen ins Auto zwecks Frühstückssuche, und Paloma fing an, sich tierisch aufzuregen. „Diese Giris müsste man gleich alle in erster Reihe erschießen. Die kommen hier in unser Land nur der Sonne wegen. Die müssten zuallererst einen Preis dafür bezahlen. Nicht nur, wie wir, für das Apartment, sondern einen primären Grundpreis, eine Sonderabgabe zur Rechtfertigung, dass die hier in unser Land einfallen, sich bedienen und volllaufen lassen, diese Nordländer, diese weißhäutigen Deutschen, Dänen, Schweden, Finnen und insbesondere die grauenhaft bekleideten Engländer, die sich überall ganz besonders daneben benehmen! Das einzig Gerechte wäre, wenn die sich hier den Hautkrebs einfangen wegen der starken ultravioletten Strahlung im Wert von 6".
Auf zur Playa Quemada, wieder in den Pescador! Bocadillo mit Käse und Schinken, Cafe Americano, Mineralwasser und frisch gepressten Orangensaft, jawohl!
Dann eine Spritztour in den Norden. Was besonders nervt auf diesen Landstraßen, sind die unzähligen, ultraschnellen Radfahrer, denen man natürlich nicht zu nahekommen darf. Abbremsen, bis kein Gegenverkehr mehr kommt, und dann mit Vollgas auf die Gegenspur. Und alle mit diesen Sturzhelmen und Gummihosen! Was soll diese extreme Selbstkasteiung? Und wer ist des Radfahrers Feind Nr. 1? Der Autofahrer!
Abends erstmal Nachrichten im Fernsehen: Neben dem verwirrenden russischen Angriff auf die Ukraine war seit Tagen das ebenso wichtige Tagesthema, dass die Madrider Kommunalpräsidentin Isabel Ayuso ihrem Bruder und einem Freund (alle aus demselben Dorf stammend) bereits im April 2020 Aufträge für Covid-Maskenimporte und LED-Straßenbeleuchtung im Wert von mehreren Millionen zugeschustert hatte, wobei sich die beiden Herren ihre Vermittlung mit Provisionen in Höhe von sage und schreibe € 280.000 vergüten ließen. Na ja, sowas gibt's in Deutschland ja auch! Und in Sachen Ukraine Jordi Évole's (wichtiger spanischer Journalist) viraler Tweed: Die Bombenanschläge im Jemen oder in Palästina sind nicht viel anders, aber sie sind weiter von uns entfernt, oder sie betreffen Menschen, die anders sind als wir.
Arrecife
Meine schnurlose Handy-Maus wollte nicht mehr scrollen. Apple ist nicht mehr das, was es mal war! Also im Internet einen MAC-Händler gesucht, Adresse ins Handy eingegeben, Arrecife (Hauptstadt von Lanzarote), Calle Gorgolla 4. Das gesamte Haus war leer und stand zum Verkauf. Keine Telefonnummer auf der Internet-Seite, vertane Zeit! In Spanien - und auch auf den Kanaren - fehlen sehr oft die Straßenschilder und die Hausnummern. Und Arrezcife ist ein hässliches Einbahnstraßen-Labyrinth und man sieht hier auch allerlei arme Leute, ganz anders als in den touristischen Zentren, wo außer den betuchten Reisegästen nur die stets schlecht bezahlten Kellner in diese Kategorie fallen. Immerhin gab es dann doch am Stadtrand bei Ikea um die Ecke einen „ELECTRON"-Markt, wo wir sowohl eine neue, schnurlose Maus als auch eine saublöde, supermoderne Sportuhr als Kommunionsgeschenk für den Neffen unseres Cádizer Freunds José erwerben konnten. Mein Vater hat mir vor ca. 60 Jahren zur Konfirmation eine Automatik-Tissot-Uhr geschenkt, die bis heute bestens funktioniert. Das sind noch Sachen von Wert. Jedenfalls mein geheimnisvoller Rat: Geh nicht nach Arrecife! Und wenn Du es trotzdem tust, wirst Du sehen, dass das keine gute Idee war!
„Nachbarn-II"
Als ich am nächsten Morgen den Weißhaarigen oben auf der Terrasse sah, hatte ich eine teuflische Idee: „Hallo, sagen Sie mal bitte, war gestern spät nachmittags jemand hier? Haben Sie jemanden gesehen? Man wollte mir etwas vorbeibringen." Der Deutsche drehte sich ruckartig um und floh ins Innere. Jawoll, mein Herr!
José Saramago
Dann eine beindruckende Besichtigung des Hauses des berühmten, vor zwölf Jahren verstorbenen portugiesischen Dichters José Saramago, der 1991 nach einem ketzerischen Buch über Jesus Christus und dessen sexueller Beziehung und Kindeszeugung mit Maria Magdalene des Landes verwiesen wurde, und seine letzten zwei Jahrzehnte auf Lanzarote verbrachte. Dieser Mann war überzeugter Linker, hatte endlich in Spanen viel Geld mit seinen Büchern verdient, und muss – sieht man Haus und Interieur – einen hervorragenden Geschmack gehabt haben.
Eines Tages wurde die spanische Kulturministerin Esperanza Aguirre gefragt, wie sie denn Saramago fände. „Das ist eine exzellente Dichterin!", antwortete die dumme Kuh, die natürlich nie auch nur einen Satz dieses Dichters vernommen hatte. Und auf die Frage nach „der Dichterin" vermutete sie, dass der Vornahme „Sara" und der Nachnahme „Mago" sei. So stand es schon damals mit der Allgemeinbildung der Elite der spanischen Rechtspopulisten! Die Journalisten waren sprachlos.
Und noch etwas in Sachen Saramago: Einst wurde er befragt, wieso er stets so pessimistisch daherkäme. Seine Antwort: „Ich bin, was mich selbst angeht, optimistisch, aber angesichts dieser Welt, in der wir leben, lässt es meine Intelligenz einfach nicht zu, optimistisch zu sein.
El Golfo
Erstaunlicherweise gibt es gar nicht weit von der Playa Blanca entfernt ein liebliches Dörfchen am Gestade: El Golfo. Allerdings mit viel Gastronomie und praktisch unmöglich, in einem der Lokale einen Tisch zu ergattern, weil alles rappelvoll belegt ist. All diese Urlauber, die wie wir nach über zwei Corona-Jahren endlich mal wieder Urlaub machen wollen. Letztlich haben wir uns entschlossen, auch etwas zum Picken (picar) zu bestellen, um die eigentlich nur beabsichtigten zwei Biere einnehmen zu können. Am Nebentisch saß eine mittelalte deutsche Reisende, deren extrem winziger Hund ständig in höchst nervöser Motorik um einen der Plastkstühle herum trippelte und trappelte
Ich konnte es mir nicht verkneifen, sie zu fragen: „Is der liab. Wo hatter denn die Batterien?" Darüber regte sie sich tierisch auf: „Wie können Sie so etwas sagen. Der Hund ist das Liebste, was ich habe!" Oh, mei, böse bin ich!
Timanfaya Nationalpark
Die wohl größte Touristenattraktion und gleichermaßen eine Verlade! Von der Carretera biegt man ab und kommt zu einer Art Schrankenhäuschen, wo man erstmal seinen Eintritt bezahlt. Dann fährt man weiter bis ans Ende einer ellenlangen Autoschlange, deren oberes Ende sich ebenfalls an einer Art Schrankenhäuschen befindet. Die Autos werden etappenweise hineingelassen, und mit Glück ist man nach ca. einer Viertelstunde Wartens auch an der Reihe, um bis zu einem noch höher gelegenen Parkplatz zu fahren, auf dem man von einem Bediensteten, bekleidet mit orangener Kutte, eingewiesen wird.
Sodann begibt man sich mit einem Haufen weiterer Vulkan-Enthusiasten in einen orangenen Bus mit leicht abgedunkelten Fenstern, der uns ins Reich der Krater bringt. Ein schmales, nicht markiertes Asphaltband schlängelt sich kurvenreich durch die bizarren Formationen von Vulkankegeln, Geröll, Schlacke und Asche.
Schon imposant, aber, na ja, man hat's halt mal gesehen ...
Von Schwarz zu Weiß - Wenn LANZAROTE, dann nicht Lanzarote, sondern LA GRACIOSA!
Auf nach Ortola und in das kleine Schiff, welches - obwohl nicht aus Holz - zumindest ein wenig an die Joven Dolores erinnert, die die Reisenden auch bei heftigem Wellengang vom Hafen Ibizas nach Formentera brachte. Man hat den Trip eingeschmissen und für 35 Minuten gibt es keine Rückkehr.
Im graziösen Hafen angelangt, überfällt einen sofort ein ähnliches Gefühl wie bei der Ankunft in La Sabina, Formentera. Auffällig sind die einladenden Hafenbars; flache, weiße Häuschen, relaxt wirkende Leute, Fahrräder mit ultradicken Offroad-Reifen, Radfahrer (zumeist ohne Helm), steinige und sandige Wege, die nur die Allrad-Autos der wenigen Residenten befahren, denen es gestattet ist, hier ein Fahrzeug zu besitzen.
Sehr nah gegenüber die mächtige, dunkelrote, steil ins Meer abfallende Felswand der Hauptinsel. Und hier: weißer Muschelsand, Dünen und keine Vulkanköttel! Es ist, als blicke man vom Paradies zur Hölle hinüber, von Weiß zu Schwarz. Und diese kleine Insel lässt einen auch mit Vulkanen so ziemlich in Ruhe – es gibt nur vier!
In den wenigen Restaurants dominiert die kanarische Küche. Ich liebe diese Papas Arugadas, ansonsten gibt es nichts Elaborates, aber bestes Material. Salate mit Avocados sollten sie noch mit auf die Speisekarten setzen! Und es gibt zwei gute „Deros": die Cafeteria El Saladero und das Restaurant El Varadero. Alsbald wird man hier auch gewahr, dass viele Giris immerhin etwas Spanisch sprechen, was ein gewisses positives Licht auf Bildungsstandard und Lebenseinstellung der Urlaubsgäste wirft. Den Schickimickis scheint die Überfahrt mit dem Boot hierher zu hinderlich zu sein. Oder sie kommen nur für einen Tagesausflug aus Lanzarote herüber.
Man kann endlos an den Küsten entlang wandern - stapfend durch den Sand und manchmal gegen heftigen Wind. Oder man mietet einen der diversen "Safari"-Fahrer, der einen mit seinem Allrad-Jeep für € 50,- in knapp zwei Stunden über die holprigen Wege mit Blick auf die Landschaft und auf durchgerüttelte, verzweifelte Radfahrer an alle Ecken dieser Insel kutschiert. Genauso kann man sich auch für wenig Geld nur an einen der weißen Strände bringen lassen. Einziges Manko: Es gibt keine Strandbuden, also Getränke und Snacks selber mitnehmen!
Vorläufiges Fazit: Für einen geruhsamen Urlaub in bester Atmosphäre sollte man den Flieger nach Lanzarote nehmen und dort keinen Mietwagen, sondern ein Taxi besteigen. Das bringt einen direkt nach Orzola, von wo man das Schiff nimmt, um auf diese graziöse, bezaubernde Insel zu kommen!
Back to Lanzarote
Nach vier Nächten nun aber zurück auf die Hauptinsel. Im Booking.com werden praktisch alle Unterkünfte hoch gelobt. Aber jedes Apartment hat seine guten und schlechten Seiten. Das letzte war superluxuriös, aber das WIFI funktionierte nicht. Hier nun - englisch dominiert - ist das Sofa durchgesessen, durchhängende Spanplattenschränke, kein Föhn, zu wenige Steckdosen, aber das WIFI funktioniert perfekt. Und auf beiden Klos der Hinweis „VERY IMPORTANT", das Klopapier keinesfalls in der Spülschüssel zu entsorgen, sondern bitte in dem kleinen, daneben befindlichen Mülleimer. Dies in fünf Sprachen, wobei das „werfen Sie kein" nur in der spanischen Version „NO TIREN" groß geschrieben ist. Paloma war verständlicherweise verärgert darüber. Als ob Spanier eine besondere Aufforderung für solches bräuchten. Mal sehen, wie es weiter geht. Und noch eins der schlimmsten Dinge: Man hebt die Klobrille an, und sie fällt wegen falscher Montage sofort zurück, sodass man genau in diesem Moment des Fallens da drauf pinkelt!
César Manrique
Schaun wir mal, was der César Manrique so alles angestellt hat! Dieser Mann war ein Künstler und Architekt, und letztlich nicht nur dafür verantwortlich, dass auf dieser Insel keine Häuser mit mehr als zwei Stockwerken gebaut werden durften, er hat auch Objekte und Zentren kreiert, um die Kunst in die Natur einfließen zu lassen - oder auch umgekehrt. Leider wurde er im Alter von 72 Jahren von einem Toyota Allrad-Jeep gerammt und verlor dabei sein Leben. Stell Dir vor, Du baust einen solchen Unfall, und erfährst, dass Du gerade der wichtigsten Persönlichkeit dieser Insel den Garaus gemacht hast!
Eindrucksvoll „Jameos del Agua":
Hier wurde ein horizontaler Vulkanschlot-Tunnel zu einem künstlerischen Zentrum umdesignt. Man steigt über Treppen hinab in eine oben teilweise offene Höhle. Einige Wände wurden mit Geröllblöcken glatt gemauert, an diversen Stellen überzementiert und weiß gestrichen. Im vorderen Teil befindet sich das bislang beste Restaurant der Insel. Aber, gerade hat man ruhevoll Platz genommen, schon fällt eine Horde von Giris ein, die Mehrzahl schlimmst bekleidete, meist fette Engländer beiderlei Geschlechts aus vier Reisebussen. Am schlimmsten diese Typen mit den halblangen Camouflagehosen! Die bewegen sich allesamt (dabei jede Menge Fotos schießend) mitten durch die Tischformationen des Lokals, um dann weiter abzusteigen in den hinteren Teil der Höhle, der mit einem großen Wasserbecken aufwartet. Auf der anderen Seite gibt es eine Art Bühne, wo bisweilen Konzertveranstaltungen abgehalten werden.
Der beste Salat der Welt!
Auch spektakulär der Mirador del Rio, wo man in dem ebenfalls von Manrique errichteten Zentrum in fast 500 Meter Höhe einen fantastischen Blick über die Insel und hinunter auf La Graciosa genießen kann. Dann ins Restaurant Volcan de la Corona, ebenfalls gefüllt mit mindestens einer Busladung. Derlei massive Belästigungen muss man leider an allen touristischen Plätzen über sich ergehen lassen. Wobei ich noch anmerken muss, dass nicht alle Touristen positiv über meine Birkenstockgamaschen staunten. Aber mein Fußwohl ist mir heilig! Und manche schauen mich unwirsch an, wenn ich auf einer Restaurant-Terrasse an meinem Nikotinverdampfer ziehe. Solches im Freien zu verbieten, hat für mich schon geradezu faschistoide Züge.
Noch mehr vom César - Der Kaktusgarten
El Jardin de Cactus - eine Installation in einem ehemaligen Krater-Rest. Jegliche Arten von Kakteen bestens plaziert und präsentiert.
Fazit:
Kakteen hin, Kakteen her, all das sind künstliche Attraktionen, um einer unnützen Wüste Sehenswürdigkeiten zu entlocken. Diese Insel brauche ich nicht. Einen Toast auf César Manrique, aber zu viel Krater und zu viel Geröll! Man hat's gesehen, und gut. Aber immerhin: Auf Lanzarote gibt es wie gesagt kaum Häuser mit mehr als einem Obergeschoß. Die Bauhöhe ist einzig den blöden Vulkanen vorbehalten.
La Gomera
Halt! Erst Flughafen Tenerifa!
Abgeflogen vom wirklich relaxten Lanzaroter Flughafen. Dann die Schubumkehr: Wie kann es sein, dass man auf Tenerifa aus dem Flieger steigt, einem Leuchtschild mit Text „Conexiones" (Anschlussflüge) folgt, und plötzlich in einem Saal landet, aus dem es nur einen Ausgang nach draußen gibt, sodass man erneut durch die Sicherheitskontrolle muss: Schuhe ausziehen, Gürtel von der Hose … Dann der Hinweis „Abflug Gate A5". Da steht man zehn Minuten und muss plötzlich entdecken, dass da nicht mehr „La Gomera" auf dem Leuchtschild steht, sondern „La Palma". „Wir haben das Gate gewechselt. Jetzt A1!" Welch heilloses Chaos!
La Gomera - dat Valle Gran Rey
Foto aus dem Jahr 1991:
Im Gegensatz zu den über 100 Vulkanen scheint La Gomera nur aus einem einzigen, gewaltigen und fast 1500 Meter hohen Ex-Vulkan zu bestehen. Ein zerklüfteter Buckel, der wirkt, als hätte jemand mit einem v-förmigen Schnitzmesser von oben nach unten all diese Täler (Barancos) herausgeschnitten. Und im „Valle Gran Rey" („Valle" bedeutet „Tal" - im Gegensatz zu „Baranco") ist das Schnitzmesser weiter nach beiden Seiten ausgerutscht, sodass an der Küste einige der wenigen breiten Strände entstanden sind - teilweise mit Kieseln und teilweise mit schwarzem Sand. Und der Sand hat die Deutschen magisch angezogen. Schon vor 30 Jahren antworteten die Spanier, wenn man berichtete, man wäre im Valle gewesen: „Ah, bei den Deutschen!" So gut wie alle Deutschen haben sich hier konzentriert wie in einem Ghetto zusammen gefunden, im „Valle", was von „Kalle" nicht dem Doppel-L spanisch gemäß „Vaje" ausgesprochen wird, wie auch „Majorca" für „Mallorca", sondern eben „Valle" wie „Kalle" für „Karl-Heinz"!. Ist es der Herdentrieb, der die Deutschen magisch an einem Punkt zusammenzieht? Es muss wohl so sein, wobei der „Deutsche" hier auch gern mit territorialem Anspruch von „seiner Insel" spricht. Und mit „die Deutschen" meine ich erstens die Urlauber, zweitens aber auch die Residenten, eben diese Freaks und heute „Alt-Freaks", die sich hier niedergelassen haben.
Diese Insel wirkt riesig, wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Das liegt aber nur an den vielen, nicht enden wollenden, kilometerlangen Serpentinen, auf denen man von einem Ort zum anderen kommt, weil es keine Straßen an der Küste gibt, sodass man erst auf etwa zwei Drittel Höhe hinaufkurven muss, um von da in ein anderes Tal hinabzufahren. Und es ist grün hier, sattes Grün!
Rudi ...
Vor über 20 Jahren war ich das letzte Mal hier, u.a. meinen Freund Rudi besuchen. Der war auch - aber nicht nur - in der Musikbranche tätig gewesen. Durch einen Zufall war ich dahintergekommen, dass sein finanzieller Haupterwerb im Verkauf von Kokain bestand. Und eines Tages rief er mich an, um mich als „Spanien-Spezialist" zu befragen, wo er denn am besten auf einer Insel ein Haus kaufen könnte. Er hätte ca. eine Viertelmillionen Mark „unter der Matratze" gebunkert, die ersparten Erlöse aus seinem „Geschäft". Wir waren zusammen nach Formentera geflogen, aber das hatte ihm nicht so recht gefallen – Rudi, ein Mann des guten Geschmacks. So war er letztendlich auf La Gomera gelandet und hatte sich dort innerhalb einer neuen Urbanisation im Valle Gran Rey ein korrektes Reihenhaus samt Garage darunter bauen lassen. Seitdem wohnt er da, fernab von der Welt. Vielleicht ist es das Beste für ihn.
Die Straßen mit ihren unzähligen Nadelöhrkurven sind nun viel breiter als damals, aber alles ist noch genauso grün wie damals. Palmen, Sukkulenten, üppiger Lorbeerwald, wie wunderbar! Und heute am späten Nachmittag kein einziger Radfahrer!
Das Taxi hielt direkt von unserer Unterkunft im Valle, „La Caleta". Unterkunft? Ein illegal neu gebauter, riesiger, dunkelbrauner Betonblock, direkt am Strand, ziemlich sicher das hässlichste Gebäude auf dieser Insel. Der Gang von der Eingangspforte zum Apartment erwirkte den Eindruck, als befände man sich in einem Luftschutzbunker. Dabei muss man zugeben, dass der Betreiber alles in seiner Macht Stehende so ausgerichtet hatte, dass es keinen Mangel an gar nichts gab. Neueste Ikea-Teller, Tassen, Töpfe, geschmackvoller Fußboden, gut eingerichtete Küche, Waschmaschine, kein Hinweis, dass man das Klopapier woanders entsorgen möchte, alles da! Nicht dieses 50er-Jahre-Inventar, was manche Vermieter aus Geiz ausgemustert in ihre Ferienwohnungen stecken: Bierkrüge, Lufthansa-Bestecke, emaillierte Kasserollen und Pfannen, Teller aus Glas – alles aus der Studentenzeit, anstatt etwas Vernünftiges, Neues zu kaufen.
Der Taxifahrer - generell vor einer Vielzahl von Radfahrern warnend - hatte uns auch einen Restaurant-Tipp gegeben: „El Tasmallo". Umgehender Erkundungsgang um die Ecke, um womöglich einen Tisch zu reservieren. Leider heute, sonntags, geschlossen. Ich spähte nach links hinüber, wo sich eine breite Gruppe von Menschen vor der „Bar Maria" an der Strandmauer versammelt hatte, um - wie schon vor 20, 30 oder gar 40 Jahren -, dem Sonnenuntergang zu huldigen, untermalt von Bongotrommeln, Kastagnetten, Tamburins etc. Weiter rechts gab es noch ein Restaurant und eine Pizzeria. Auf dem kurzen Weg dorthin warf ich einen Blick auf die Gäste und hatte urplötzlich den Eindruck, in ein riesiges Nest von Negationisten geraten zu sein. Genau die Sorte Mensch, die man im Fernsehen auf diesen Anti-Covid-Demos gesehen hatte. Dabei bin ich der Letzte, der diesen Druck der Regierungen in Sachen Virenschutz begrüßt. Aber wenn man ziemlich sicher sein kann, dass einem zwei bis drei Impfungen womöglich zukünftiges Leid ersparen könnten; Was soll der Aufruhr? Und der Chip des Bill Gates kann nun wirklich nicht durch diese winzige Nadelöffnung passen! In Hannover habe ich ein mir nicht mehr derart befreundetes Negationisten-Paar, für die es bestimmt das Beste wäre, hier nach Gomera auszuwandern. Aber die könnten ja bislang mangels Impfung nicht mal den Flieger besteigen.
Viele der männlichen Gäste laufen mit genau diesem Ausdruck großer Selbstzufriedenheit herum:
Eieiei, was würde Paloma sagen? Zumal die Mehrzahl der Gäste augenscheinlich aus Deutschen bestand. Die Haarpracht von pink bis grün, von Pferdeschwanz bis Glatze, alles vorhanden. Diese Stirnbänder, Halstücher, Hosenröcke, wallende Kleider in hippieesken Farben, ausgemergelte Gluten-Verweigerer bedeckend. Und, man achte drauf: An zwei Nebentischen Gespräche über Wertpapiere und Wohnungsrenovierung. Finanzielle Dinge machen auch vor einem Esoteriker nicht halt! Die Pizza (mit Gluten) war ok, obwohl Paloma kurz drauf zum Klo musste, um alles auszukotzen. Wohl eher wegen des Flug-Stresses. Mal sehen, was morgen passiert!
Fred Gerdes:
Ich schreibe nur Kritiken im Trip Advisor, wenn mir etwas ausnehmend gut oder ausnehmend schlecht gefallen hat. Der nächste Restaurantbesuch zusammen mit Rudi gab sofort Anlass für eine herbe Kritik in diesem Forum:
TUYO („Deins")
Es gab Vorschusslorbeeren: Der Inhaber hätte gerade den Küchenchef eingestellt, der vorher für die Fußballmannschaft von Real Madrid gekocht hätte. Kein gutes Omen!
Die Inneneinrichtung war etwas schwülstig und überladen, als wäre jemand zu lange in Bali o.ä. gewesen. Die Weinkarte zuerst: Es gab drei Rotweine: einen aus Chile, einen Reserva (leider nicht mehr vorrätig, wobei ich Reservas sowieso nicht zu bestellen pflege), und einen Roten aus Tenerifa, sowie nur einen einzigen Blanco. Notgedrungen orderten wir den Tenerifa-Tinto. Aber wie kann es sein, dass ein Restaurant-Chef, der etwas auf sich hält, so eine lächerliche „Weinkarte" anbietet? Dabei hatte die völlig untaugliche, französische Kellnerin darauf hingewiesen, dass es doch immerhin vier Rotweine gäbe. Aber einer der Vier war eben dieser Weißwein.
Wir wollten Thunfisch, kurz gebraten - leider nicht mehr verfügbar. Also bestellten wir Croquetas, Alcachofas und dreimal Medregal, ein grundsätzlich hervorragender Fisch - ähnlich dem „Pez Limon" aus Cádiz. Die Artischocken kamen aus dem Glas mit je einer getrockneten Tomate darüber, die Kroketten waren lächerlicherweise mit einem Scheibchen rohem Thunfisch getoppt, und das Innere war, anstatt von lockerer Konsistenz, eher unangenehm kompakt. Der arme Fisch erwies sich als trocken und zu Tode gekocht, inklusive einer Gemüsebeilage, weitgehend aus Brokkoli bestehend.
Hätte dieser Koch für Atletico Madrid gekocht, wäre er am nächsten Tag entlassen worden. „Tuyo", Mein's nicht!
Aber bitte sehr, das Champions-League Rückspiel in Manchester: 1:0 für Aleti! Der Lodi hat das Tor geschossen ...
Überraschung: La Islita
Wenn man in unserem Ortsteil La Caleta nach rechts geht, wo die Straße und ein anschließender Weg durch den schwarzen Sand bis zur Playa Ingles führen (wo wegen tückischer Strömung in den letzten zehn Jahren 27 Badende ertrunken sind), entdeckt man nach wenigen Metern sowohl ein indisches Restaurant („Sasmara“, durchgehend geschlossen) sowie den Italiener La Islita (das Inselchen). Schon draußen riecht es verheißungsvoll, die Speisekarte machte einen hervorragenden Eindruck (z.B. hausgemachte, mit Fisch gefüllte Torteloni a la Vongole). Hinein! Eine Flasche Prosecco, Pasta und gegrillte Zucchini, Auberginen, Tomaten und Ziegenkäse, horizontal auf Holz gespießt, vier Stückchen Bruschetta auf einem Bett von grünen, asiatischen Algen und eben diese Pasta a la Vongole. Besser geht's kaum!
Man könnte natürlich einwenden, dass ein Italiener nichts zu suchen hätte auf einer Kanaren-Insel. Aber Quatsch! Zumal die Gomera-typischen Speisen bisweilen sehr zweifelhaft sind. Z.B. Almogrote: Ein pürierter Frischkäse, der mit diversen Gewürzen und insbesondere rotem Paprika angereichert wird. Wenn der rote Paprika dominiert, ist es vorbei mit der Gaumenfreude. Genauso bei den sog. „Mojos", die - rot und grün - in kleinen Näpfchen gereicht werden, um damit den Geschmack der Papas Arugadas zu bereichern. Da gibt es gravierende Unterschiede zwischen gut und übel!
Auf dem Rückweg kamen wir am Tasmallo (Tip des Taxifahrers) vorbei, welches nun (heute geöffnet) eine riesige Leuchtschrifttafel mit etwa unterarmhoher Schrift aktiviert hatte, wo im Laufband weiß auf schwarz in allen drei Sprachen (Spanisch, Deutsch und Englisch) die Vorzüge des Lokals gepriesen wurden. So etwas zeigt doch ganz klar die undezente Gesinnung des Gastwirts, der auf diese Weise auch die Dümmsten der Dummen - eben die, die kein Wort Spanisch sprechen - anlocken möchte, um ihnen dann das Geld aus der Tasche zu ziehen. Da gehen wir nicht hin!
Vormittags ein Telefonat mit meiner Freundin Uschi aus Hannover: Eine ihrer Maler-Freundinnen sei letztes Jahr hier gewesen und hatte irgendwo auf einem luxuriösen öko-esoterischen Landgut eine Gruppe Esel erspäht. Sie fragte die Besitzerin, ob sie hier wohl ein Bild von den Eseln malen dürfte. Kein Problem! Sodann schickte sie sich an, einen der Esel zu streicheln, wurde aber sofort aufgehalten: "Stopp, sind Sie geimpft?" Sie: "Ja." Besitzerin: "Dann dürfen Sie die Esel nicht berühren!" Dazu fällt einem doch kein weiterer Kommentar ein!
Nach weiterer Inaugenscheinnahme muss ich meine Eindrücke von La Gomera, vom Valle Gran Rey und von den La Gomera-Urlaubern ein wenig verifizieren. Neben einer Vielzahl „verirrter" Hippie-Residenten besteht die große Mehrzahl der saisonal jedes Jahr wiederkehrend Einreisenden aus rustikal gekleideten Paaren im Rentenalter, ausgestattet mit Rucksack, festem Schuhwerk und oft mit Wanderstöcken. Und manche erwerben sich halt auch ein Apartment. Der Anreiz: so kann ich, wann ich will, auf meiner Insel sein! Aber viele davon mit eben diesem esoterischen Tick. So erzählte mir Rudi, er hätte seine letzte Liebschaft in ein exklusives Restaurant geschleppt, wo in einem Aquarium ca. 15 Hummer (bogavantes) auf ihr Lebensende bzw. den Endzweck, gekocht und verspeist zu werden, warteten. Sie bat ihn inständig, doch alle 15 aufzukaufen, lebend natürlich, auf das man die dann an einem guten Platz wieder ins Meer werfe. Rudi hatte aber einzuwenden, dass sicher bereits am nächsten Tag wieder etwa dieselbe Menge dieser bemitleidenswerten Tiere zugegen und verfügbar sein würde, sodass eine solche Aktion nur einen winzig kleinen und obendrein teuren Teilerfolg darstellen würde, sodass er ihr diesen Wunsch leider abschlagen musste.
Außerdem berichtete Rudi von einem anderen Residenten, der ihn, dreimal geimpft, mit abwehrenden Handbewegungen von sich weg auf Distanz bringen wollte, weil Rudi am Bein eine rote Stelle hatte, deren Ursprung der andere darauf zurückführte, dass da von diesen „Geimpften" sogenannte „Spikes" zu ihm übergewandert seien. Wie mag das gehen?
Agulo und Alojera
Zuletzt sei noch erwähnt, dass es auf La Gomera viel schönere Orte gibt als das „Valle". Die andere Seite der Insel mit Agulo, Hermigua und Alojera ist viel authentischer und vegetativ interessanter. Aber es fehlt den Touristen eben die Möglichkeit, komfortabel zu baden.
Resümee: Nach zweieinhalb Jahren endlich mal wieder Urlaub – hat ja was. Neue Plätze sehen, weit ab von Madrid, Cádiz oder gar Hannover. Aber: Lanzarote, na ja, La Graciosa, immerhin, La Gomera, wie soll man sagen? All diese kanarischen Inseln kann man mir letztlich gehackt legen. Eine Ansammlung von unnützen, vulkanösen Erhebungen zu weit westlich im Atlantik, fast schon bedrohlich nah an den Vereinigten Staaten, Atmosphäre wie unter einer Zeitglocke, mindestens sehr zweifelhafte Touristen und erhöhtes Hautkrebsrisiko obendrein. Auf dem spanischen Kontinent is(s)t man viel exquisiter - und man ist da ja schon vor Ort - ohne lange, unkomfortable Schiffsreisen oder nervige Flüge. Man fährt einfach gemütlich mit dem eigenen oder gemieteten Auto durch Andalusien, die Estremadura, Asturien oder durchs Baskenland und lässt es sich gut gehen!
PS Und noch ganz wichtig: Wenn jemand von euch Covid hat und geimpft ist, mich bitte keinesfalls anrufen und auch keine Whatsups, weil diese Spikes ja auch durchs Telefon übertragen werden!