1986 - Die neue Werkstatt – 80s Duesenberg Heavy Metal

noch jung und frisch ...


Die neue Werkstatt – 80s Duesenberg Heavy Metal

Rockinger Werkstatt

In unseren Werkstätten stapelte sich auf Paletten kubikmeterweise das Holz. Ein neues Verleimgestell mit hydraulischen Press-Zylindern erleichterte es, die Korpushälften zusammen zu fügen. Abrichter, Dickenhobel und ein stationäres Schleifband planierten die Holzoberflächen. Holzspäne und Holzstaub wurden von unserer großen Vier-Sack-Absauganlage aufgenommen.

Klaus Winckelmann am Werk ...
Rockinger Winckelmann
Rockinger Klaus Winckelmann Hobel
Rockinger Holz
Rockinger Duesenberg Bodies Hälse
Rockinger Bodies

Opa Osburg:

Unsere grandiose Bundsägemaschine hat dieser gewisse Friedel Osburg gebaut. Der war ein alter Russlandkämpfer, den „zu seinem Glück“ ein Granatenquerschläger am Bein erwischt hatte. So konnte er hinkend heim und ist dem Inferno von Stalingrad entgangen. Osburg - gestorben Mitte der 90er - war Mechaniker und hatte eine Werkstatt im Arbeiterviertel Hannover-Linden. Also, der war kein normaler Schlosser, sondern schon wesentlich ausgefuchster: zwei Drehbänke, Fräs- und Stanzmaschinen und sonstwas. Ein gewisses Problem war aber, dass man bei jedem Besuch anfangs mindestens eine halbe Stunde Russlandgeschichten über sich ergehen lassen musste. Aber immerhin in jenem wunderbaren Lindener Dialekt: „Der Russe hatte ja auch Weiber in der Armee, und die waren härter als die Männer. Immer mit dem Bajonett voll rein, wie die Tiere"! Russland hin, Russland her, Friedel Osburg war kein Nazi und ein findiger Kopf. Er hat alles für unsere Maschinen gemacht: Unmengen von Anlauf-Stiften und -Ringen für unsere Kopierfräsen, Verleimpresswerkzeuge für Bodies und so Einiges mehr. Einfach wunderbar! Dazu ein Stanz- und Biegewerkzeug für die Trussrod-Getriebe-Verstellung unserer ersten Duesenberg Metal-Gitarren in den 80ern. Wenn er eine gute Idee für uns hatte, pflegte er zu sagen: „Da will ich Euch mal schlau machen!"


Eben unsere Bundsägemaschine, ein echt geniales Monster! Eine dicke Welle mit 24 Sägeblättern und davor montiert eine von einem Kettengetriebe schwenkbare, äußerst massive Einheit, auf die man vier verschiedene Hälse einspannen konnte. Der Hals schwenkte dann auf Knopfdruck durch die Sägeblätter, alle Bundschlitze auf einmal gesägt und fertig. Allerdings hatten wir stets gewisse Bedenken bezüglich der Sicherheit, weil dieses Eintauchen von über 20 Sägeblättern in das Griffbrettholz bei diesem Sägevorgang eine Mörderkraft bedeutet. Helm tragen war angesagt. Einmal hat es tatsächlich beim Einsägen einen Basshals zerlegt und einige Sägeblattsplitter flogen durch den Raum. Angst und Schrecken samt finanziellem Schaden.

Auch war es Opa Osburg, der die nippelförmigen Potiknöpfe unserer Heilmann-Gitarre an der Drehbank kreiert hat, was kein leichter Job war. Und er war immer noch interessiert an Frauen und Geschlechterverkehr. Einmal bemerkte er so nebenbei, dass er „seine Alte“ doch noch manchmal morgens auf den Haken ziehen würde … Außerdem pflegte er mittags auf dem Hof mit seinem Luftgewehr auf Tauben zu schießen. Und er besaß eine kleine Schwarzbrennerei, ein großes gläsernes Gebilde aus diversen Leitungen und Kübeln, worin er insbesondere Kartoffelschnaps brannte: Selbstverständlich illegal.

Lack mit Sascha

Lackieren mit Sascha
Die meisten Gitarrenbauer und kleineren Manufakturen ließen damals bei der Firma  Clover in Recklinghausen lackieren. Die machten das super, aber diese ewige Hin-und-her-Schickerei per Post oder UPS war echt nervig. Und auch der Lackierer, den wir in der Nähe Hannovers aufgetan hatten, war prima. Aber es war halt immer noch diese Fahrerei nötig. Hinbringen, abholen. Hinbringen, abholen …. Also beschlossen wir, auch das Lackieren selbst in die Hand zu nehmen. Ein eigener, amtlicher Lackierer musste her! Und tatsächlich sind wir darüber auf unseren Sascha gestoßen. 

Sascha, gebürtiger Russe, und nun fernab der Heimat, wollte eigentlich (wie wohl alle Russen) Kosmonaut werden, logo. Hat dann aber auf wundersame Weise im bayerischen Geigenbauer-Mekka Mittenwald eine Gitarrenbaulehre absolviert. Doch im dortigen Betrieb hatte er (ausgebeutet, wie die meisten Lehrlinge) hauptsächlich lackiert, wusste von daher also rundum Bescheid! Bernd Röttger, stets ein Mann der Tat, hatte kurz zuvor die Lackierkabine konstruiert und zusammengeschweißt. Wir waren gerüstet.

Lackierkabine

Ein schöner Kommentar ...


String-Bender



Wir waren zu der Zeit in Europa die einzigen, die eine Tele mit dem String-Bender (Parsons & White) anboten. Bei diesem System wird über den oberen Endpin ein im Korpus befindlicher Mechanismus bewegt, der die H-Saite absenkt. Hier sehen wir Heinz Rebellius mit unserer Kreation.

Einiges über Erfinder ...


Über all die Jahre kam es immer wieder vor, dass wir Nachrichten von Typen erhielten, die vorgaben, wichtige Erfindungen gemacht zu haben, und uns diese gern für insbesondere unseren weiteren Erfolg andienen wollten. Glaubt mir, es ist heutzutage nicht leicht, an der Gitarre noch etwas grundlegend zu verbessern. Und insbesondere unterliegen die Ideen von Erfindern zuerst deren subjektiver Wertung. Ich denke immer noch mit Freude an dieses alte Donald Duck Heft, in dem ein Erfinder mit leuchtenden Augen und wirrem Blick ins Büro des Dagobert Duck kommt, um seine automatische Orangensaftpressmaschine vorzuführen. Dagobert lässt sich breit schlagen und in kürzester Zeit ist sein gesamtes Büro mit O-Saft geflutet.

            Es war irgendwann Anfang der 80er, als mit selbigem irren Blick ein Erfinder unser Haus betrat um seinen automatischen Gitarrenstimmer zu anzupreisen. Dieser war eine Kombination von etwas, was es alles in allem schon gab: ein Stimmgerät verbunden mit einem kleinen Elektroschrauber, der dem Stimmgerät folgend die jeweilige Saite auf Stimmung bringen sollte. Das funktionierte nur annähernd genau und ich hatte einzuwenden, dass man vielleicht doch besser das Stimmgerät beäugen und entsprechend mit den Fingern die Mechanikenknöpfe drehen sollte, praktisch die verbale Zerstörung seiner Idee. Und ich behaupte es auch heute noch! Dieser ganze digitalisierte elektrifizierte Quatsch gehört in die Mülltonne. Die Firma Gibson hat ja damit auch entsprechende Verluste eingefahren. Aber um den Erfinder nicht vollens zu frustrieren, schlug ich vor, er solle das mal für ein Klavier entwickeln. Seine Augen verdrehten sich kurz und sein Mund formte folgenden Satz: "Gut, wenn Ihr mir dieses Projekt finanziert, dann erfinde ich dazu auch noch nen Roboter, der in das Klavier reinklettert!" Eieiei, diese Vermessenheit des Erfinders! Einen Elektromotor mit nem Stimmgerät zu koppeln, das ist doch das Einfachste der Welt! Fraglich, ob sowas überhaupt "Erfindungshöhe" hat. Und dieser Irre wäre im Leben nicht in der Lage gewesenen, einen Roboter zu erfinden. Das sind doch ganz andere Welten.

Und - ach wie schön - dieses Schild an Daniel Düsentriebs Garage "AUSGEMUSTERTE ERFINDUNGEN". Es ist nunmal so, dass nicht alle Erfindungen was taugen. Z.B. etwas an der Gitarre VERSTELLBAR zu machen, was vorher fest war, kann für die individuellen Vorlieben des Gitarristen nützlich sein, kann aber genauso zu vorher kaum absehbaren mechanischen Problemen führen. Oder später, Ende des Jahrhunderts, ein Typ namens Harald Höneß (Name von der Redaktion geändert), der Jahre lang wie ein Ferngesteuerter über die Frankfurter Musikmesse lief, um Abnehmer für seine Erfindung zu finden, eine sog. Umlenkrolle für Tremolos. Völlig irre, wie Menschen, besessen von einer schrägen Idee, letztlich Haus und Hof verpfänden für Prototypen, Rechte, Patente und sonstwas, ohne auch nur einen Pfennig davon wieder heraus zu bekommen!


Die "Geburt" von Duesenberg!

Duesenberg – Heavy Metal

Duesenberg headstock
Als unsere ganze Maschinerie endlich lief wie am Schnürchen, wollte ich endlich eine eigenständige Gitarrenmarke kreieren. Man hätte das unter „Rockinger“ machen können, aber das war längst ein fester Begriff für Parts, Bausätze und Custom-Work. Das passte irgendwie nicht für neue, exklusive Serien-Gitarren. Ein neuer Markenname musste her!

Eine Reihe von Freunden und Bekannten ließ ich wissen: „Bitte einen entsprechenden Namen ausdenken!“ Dem Gewinner winken 500 deutsche Mark!

Und wer kam mit „Duesenberg“ um die Ecke? Na, unser Adlerbass-Spezialist Fargo-Pedder. Jawoll, Duesenberg ist genommen! Hier bitte, deine fünfhundert Ocken! Und natürlich hatten wir schon eine gewisse Vorstellung vom Endprodukt: Korpus in etwa Strat, aber schlankere Hörner und super geshapt, mehr in die Metal-Richtung.
Duesenberg Starplayer
Und da das Stimmen am Korpus in jenen Jahren angesagt war, warum also nicht ein Tremolo, an dem man generell die Saiten stimmen, also nicht nur feinstimmen kann? Wobei an der Kopfplatte die Saiten genauso verankert werden, wie bei unseren Headless-Bässen. Dazu ein ausgefuchster Rollensattel – nicht diese Rölleckes auf kleinen Achsen, sondern kleine, mittig gerillte Walzen verschiedener Durchmesser, die sich frei in einer Querbohrung bewegen, wenn das Tremolo betätigt wird. Pickups: OBL-Blades von Bill Lawrence, die waren nämlich sehr beliebt in dieser Zeit. Zudem ein aktiver Midboost und ein OBL-Q-Filter zum Absenken der Mitten.
Duesenberg adjustment
Duesenberg details


1986 Duesenberg Folder

Mit Herrmann Frank (Victory & Accept) & Jens Gallmeier


Fehler als Kunst

Duesenberg
Bei irgendeinem Body hatte Sascha mal aus Versehen den Lack durchgeschliffen, sodass da eine untere Farbschicht zum Vorschein kam. Ich fand, das sah ganz heiß aus und brachte ihn dazu, da noch an anderen Stellen was durch zu schleifen, praktisch seinen „Fehler“ zur Perfektion zu treiben. Und so ist unsere sogenannte Dreadlock-Lackierung entstanden, sprich: den Body mit mehreren, verschiedenen Farbschichten lackieren und dann an bestimmten Stellen wieder durchschleifen. Das ist ja im Prinzip fast dasselbe, was man heute als „Aging“ bezeichnet. Nur dass unsere Intention hierbei nicht war, den Body alt und abgewetzt aussehen zu lassen. Es war mehr eine künstlerische, individuelle Gestaltung. Das haben wir dann sogar zum Patent angemeldet.

Metal-Head

Duesenberg Durchschliff
Die Kopfplatte: Sie musste einfach metalmäßig spitz sein. So kam dieses ziemlich extreme Design dabei heraus, mit einem kleinen Schnörkel auf Höhe des Sattels. Außerdem eine von vorne nicht sichtbare Einschlitzung, sodass man da eine Zigarette einklemmen konnte. Auf der Kopfplatte waren sechs „Klemm-Pitten“ angeordnet, wo man die Saiten durchsteckte. Die ließen sich dann durch Überwurfkappen samt Gewindeschrauben mit geschlitztem Kopf per Münze festziehen. Dazu hatten unsere Hälse einen Rundstab-Trussrod (wie die alten Fender- und Gibson-Hälse. Allerdings mit einer Stellmutter seitlich am Stöckel, wo der Hals mit dem Body verbunden ist. Das funktionierte wie eine Gitarren-Mechanik, also per Zahnrad und Schneckenwelle. Die U-förmigen Gehäuse hat uns Opa Osburg aus Stahlblech gestanzt und in Form gebogen.

Hip-Trem

Duesenberg Hüft-Tremolo
Und zuguterletzt noch das Hüft-Tremolo, eine Art Knauf, den man schnell auf der Korpusrückseite in den Tremoloblock stecken und damit – beide Hände frei – per Hüfte das Tremolo betätigen konnte.

„Pitten"

Die Elemente, mit denen man die Saiten oben am Kopf festklemmen konnte und die wir fortan „Pitten“ nannten, hat uns ein Herr Roitsch in seiner Automatendreherei in der Südstadt gemacht. Herr Roitsch wirkte seit Anbeginn unserer Geschäftsbeziehung stets etwas hinfällig. Eines Morgens besuchte ich ihn in seinem Büro, wo er mit gerötetem Gesicht - auf dem Schreibtisch vor sich eine Flasche Bier - sofort zu klagen anhub: „Ach Herr Gölsdorf, mir geht’s ja so beschissen!“


Na ja, kurz drauf musste er seinen Laden zumachen.


The Schmitt

Zusätzlich zu unserer „Power-Strat“ mit Namen Starplayer kam dann das Modell „The Schmitt“, nach der Designidee eines Thomas Schmieder. Super extrem, futuristisch und natürlich nicht für jeden Geschmack, aber mir hat das sehr gefallen. Davon haben wir nur ganz, ganz wenige produziert.
Duesenberg The Schmitt
Dann gab es noch ein nur einmal gefertigtes Sondermodell für den Bassisten von Thomas Schmieders Band. Und alsbald sah man Billie Liesegang, den Gitarristen von Nina Hagen mit einer The Schmitt auf der Bühne.
Duesenberg Schmitt Bass Billie

Wieder in Frankfurt

Duesenberg Demo
Wieder mal Frankfurt, Musikmesse. Schwer was los bei uns. Thomas Schmieder präsentierte unsere Duesenbergs und die Leute drängten sich. Sogar diese geniale Band „Silly“ schaute vorbei und sie erzählten von ihren durchaus schwerwiegenden Problemen, Equipment bis hin zu Guitar-Parts in den Osten zu kriegen. Immerhin genossen die einen Sonderstatus in der DDR und erhielten somit eine Besuchserlaubnis für die Messe.
Duesenberg Silly
Hier eine alte Quittung für Guitar Parts, die Uwe Hassbecker (rechts) in seinem Archiv gefunden hat:


Staccato - London - Guitar Weekend - Jack Bruce



Noch eine kleine Story: Ich bin ich zum "Guitar Weekend" nach London geflogen, um ein paar Leute und insbesondere Chris Jagger zu treffen. Eine kleine Messe mit vielen englischen Gitarrenbauern, die alle echt was drauf hatten. Der Lawrence Bill war auch da und am Staccato-Stand ballten sich die Bassisten. Und auch „HP", Hans-Peter Wilfer war mit seinen Warwick-Bässen zugegen. Mit dem bin ich irgendwann in die Cafeteria  gegangen. Da trat ein unscheinbarer Typ zu uns, den mir HP als „der Jack" vorstellte. Wir tranken Kaffee und palaverten belangloses Zeug, bis der Jack sich wieder verabschiedete. Und erst viel später musste ich leider gewahr werden, dass es sich bei „dem Jack" um Jack Bruce gehandelt hatte, der ja des HP's Bässe spielte. Verdammt, wie peinlich! Da hätte ich ganz andere Gesprächsthemen drauf gehabt. Meiomei, Jack Bruce, einer der wichtigsten Musiker der damaligen Zeit! Cream sowieso, und der hatte u.a. auch ein geniales Album mit Lou Reed produziert. Ein totaler Ausnahme-Musiker. So ein Scheiß! Das regt mich heute noch auf!

Custom Guitars & Kits

Natürlich haben wir auch weiterhin jede Menge Custom-Instrumente und Bausätze produziert. Für die Bausätze hatten wir eine beispielhafte Verpackung: super harter einlagiger Karton mit Noppenschaum drin, vom Feinsten!


 B.B. King

Rockinger B.B. King und Rollinger
Ach wie erhebend! Da durfte ich doch mit meiner Band „Rollinger“ das Vorprogramm von B.B. King bestreiten. Das hat sich noch zweimal wiederholt in den kommenden Jahren und der King hat mir allerlei Gitarren signiert, die ich noch heute besitze. Von unserer Gruppe kann man hier ein paar Songs unter „Dieters Musik“ anhören.
Rockinger B.B. King und Rollinger Plakat

Mehr Duesenberg

Mit unseren Duesenbergs ging es ganz gut zur Sache. Herr Stratmann hatte reichlich zu tun mit dem Assembling, und Sascha kam kaum nach mit dem Lackieren. Zudem hatten sich so viele sonstige Gitarren angesammelt, dass wir letztlich auf Stratmanns Initiative hin eine Holzkonstruktion bauten, um so viel wie möglich unter das Dach zu hängen – Platz sparen! Und Winkelmann kam mit dem Verleimen und Planieren kaum noch nach.
Duesenberg
Rockinger Duesenberg Gitarrenhimmel
Rockinger Holz